22. Juni 2004 / Kronenzeitung

Klasse der Avantgarde

Schostakowitsch-Premiere im Großen Haus ein Triumph

Triumph zum Abschied! Bei der Premiere von Schostakowitschs "Lady Macbeth von Mzensk" zog Georg Schmöhe am Pult noch einmal alle Register seines Könnens und machte den Abend mit den grandiosen SängerInnen, dem Bühnenbildner und dem Chor zu einem Gesamtkunstwerk.

Leichen säumen den Weg von Katarina Ismailowa. Sie befreit sich rücksichtslos aus der Männerherrschaft. Ihr Schwiegervater, ihr Mann und zum Schluss ihre Nebenbuhlerin müssen dran glauben. "Lady Macbeth" ist ein Sittenbild der Leidenschaft, der Grenzenlosigkeit, der Gefühle einer Frau. David Prins gelingt es, die Monumentalität des Werkes in ernüchternder Klarheit und trotzdem voller Passion umzusetzen. Die Charaktere sind messerscharf gezeichnet, Bühnenbild (Arnold Schalks) und Kostüme (Michael D. Zimmermann) atemberaubend.

Erotisch und verführerisch Susanna von der Burg als Katarina. Despotisch faszinierend als Schwiegervater Joachim Seipp. Sängerisch grandios auch Marwan Shamiyeh und Dan Chamandy. Aber auch dem Rest des Ensembles und dem Chor gebührt höchstes Lob. Souverän das Orchester unter Georg Schmöhe. Die mitunter simplen Melodien schlagen bei Schostakowitsch wilde Haken und die werden zu Dissonanzen deformiert. Schmöhe sorgt fur dramatische Ausbrüche voll Klangintensität und mit seiner Tempodramaturgie unterstreicht er die Probleme der Oper und macht den Abend zu seinem Abschied zum Triumph!

Moni Brüggeler